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Interaktives Personenverzeichnis

Heinz v. Foerster: "Ich habe versucht, meine Ideen vorzutragen, aber nicht unbedingt als Konstruktivist... Sobald ein solches Schlagwort auftaucht, weiß jeder, wovon geredet wird. Man braucht also nicht mehr zuzuhören, weil jeder schon weiß, das ist ein Konstruktivist."

Heinz von Foerster

Eine Legende

10. April 1997 Es war kein Freitag, dieser 13. November 1911, wo Heinz von Foerster in Wien geboren wurde. (Dass es ein Freitag gewesen sei, ist nur eine dumme Luege, die von gewissen Spaassvoegeln verbreitet wurde. Trotzdem hatte Heinz genausoviel Glueck, wie wenn er an einem Fr. 13. geboren waere.) Und durch eine Einladung des "Institut Wiener Kreis" wurde es moeglich, dass er 1996 seinen 85. Gebutstag auch in Wien feiern konnte: Heinz von Foerster, Pionier der Kybernetik und System-Theorie, Mitarbeiter von Warren McCulloch am MIT, ect, etc. Gestorben 2002 in Pescadero. Aus diesem gegebenen Anlass bekam Heinz das Ehrenkreuz fuer Wissenschaft und Kunst vom Bundesministerium fuer Wissenschaft, Verkehr und Kunst (das einen hohen Orden der Republik Oesterreich darstellt,) eine Honorarprofessur der Grund- und Integrativ-wissenschaftlichen Fakultaet der Universitaet Wien, und er wurde auch vorgeschlagen fuer das grosse goldene Ehrenkreuz der Stadt Wien, welches ihm aber nicht verliehen werden konnte, da die Wiener Stadtregierung wieder einmal (diesmal wegen der Nachwahlzeit) nicht beschlussfaehig war. Man kann aus diesen Ehrungen also leicht ersehen, dass sich die Situation in Oesterreich stark gebessert hat: Waehrend Sigmund Freud, Ludwig Wittgenstein und Kurt Goedel erst nach ihrem Tod von den Oesterreichern (und besonders den Wienern) entdeckt wurden, beginnt Wien heute seine grossen Soehne nun doch schon zu Lebzeiten zu ehren (zumindest dann wenn sie ein honoriges Alter erreichen). Das gestoerte Verhaeltnis der Oesterreicher zu ihrer eigenen kulturellen Identitaet beginnt sich also langsam zu entspannen ..... Heinz von Foerster war nicht nur Kybernetiker und System-Wissenschaftler, sondern auch Mathematiker und Logiker. Seine Ergebnisse sind auch relevant fuer die Psychologie und Philosophie. In der Kybernetik hat er uns einen Weg aus der Regelungstechnik zu einer Kybernetik zweiter Ordnung gewiesen, die in der Soziologie von Niklas Luhmann aufgegriffen und ausgebaut wurde. In dieser Einzelwissenschaft wird gegen³ber verengten, mit Eindeutigkeit verbundenen Kausalkonzepten die Entstehung von Neuem durch Konstruktion und Selbstorganisation m÷glich. Foersters Anwendungen der Mathematik auf die von ihm bearbeiteten Gebiete der Wissenschaft (Gedõchtnistheorie, Selbstorgasination, Epistemologie, Kognition, Biophysik, Automatentheorie, Computer-Musik, etc) erregten oft den Widerspruch der klassischen Mathematiker, lieferten jedoch stets neue und interessante Interpretationen des angewandten Faches. In der Logik arbeitete er an der Begr³ndung von nicht-fundierten Systemen, wo es auch Axiome gibt, die aus zirkulaeren Implikations-Ketten (logischen Schlussfolgerungen) bestehen. In der Philosophie ist er einer der Mitbegruender des radikalen Konstruktivismus, wonach die Realitaet (im Gegensatz zum Platonismus) nicht entdeckt, sondern von uns Menschen konstruiert wird. Fuer die Mathematik ist das seit Plato eine uralte zentrale Frage: Werden die mathematischen Objekte von den Mathematikern entdeckt oder konstruiert? Da solche philosophischen Fragestellungen nat³rlich das Interesse eines breiteren Publikums erregen (im Gegensatz zu den mathematischen Problemen), stieg auch der Bekanntheitsgrad von Foerster mit der zunehmenden Modernitõt des radikalen Konstruktivismus radikal an. In der Psychologie ist diese Fragestellung neu und besonders in Hinblick auf den amerikanischen Behaviorismus brisant. Prof. Giselher Guttmann vom Institut fuer Psychologie der Universitaet Wien betont, dass der Konstruktivismus fuer die Psychologie von grosser Bedeutung ist, da insbesonders bei kranken Menschen (z.B. bei Schizophrenen) die Wirklichkeit sehr oft eine blosse Konstruktion ist. Heinz von Foerster war auch ein Pionier der Computer-Musik und wurde durch die Frage angeregt, weshalb ein physikalisches System (z.B. eine Anordnung von Stimmgabeln) zur Erkennung eines Tones wesentlich mehr Energie und Zeit braucht, als ein biologisches System (z.B. das menschliche Ohr). Der von Foerster bereits 1968 eingeschlagene L÷sungsweg war, den biologischen Erkennungsvorgang der T÷ne am Computer nachzubilden, also zu simulieren. Dadurch ging er fruehzeitig seinen eigenen und erfolgreichen Weg und wurde so einer der Pioniere der Computer-Musik. (Sein Bruder Uzzi Foerster wirkte uebrigens jahrzehntelang in Wien als Jazz-Musiker; es ist also wirklich eine Musik-begabte Familie.) Wir Informatiker sind heute den Umgang mit unseren Computern schon so gewoehnt, dass wir bereits ganz auf das ideengeschichtliche Vorfeld der Informatik vergessen haben. Die Computer sind nicht vom Himmel gefallen, wie das viele junge Hacker heute defacto glauben. Es war ein langer und dornenvoller Weg von Gottfried Wilhelm Leibniz ueber Kurt Goedel und Alain Turing zu Johann von Neumann und dem ersten programm-gesteuerten Computer, von Norbert Wiener und dem Wiener Kreis ueber Foerster und McCulloch zur Kybernetik, und von Rudolf Carnap ueber Herbert Simon zur Artificial Intelligence. Und dieser Weg hat viele seiner Wurzeln in Wien. Wir sollten uns daher endlich darueber im klaren werden, dass Oesterreich kulturgeschichtlich zur Entwicklung des Computers einen wichtigen Beitrag geleistet hat. Manche Appologeten der A.I. und Liebhaber der Computer verherrlichen immer nur die USA (welche bei der technischen Ausarbeitung der Konzepte zweifellos ihre Meriten hat). Aber die Konzepte zum Bau des Computers selbst stammen aus Europa, und Oesterreich hat (trotz seiner Kleinheit) einen wesentlichen Beitrag dazu geleistet! Dies scheinen viele Oesterreicher noch nicht begriffen zu haben. Created by Alexander Riegler

http://www.univie.ac.at/constructivism/HvF/schimanovich.html