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Leitfaden-Aufgabe: Lesen und/oder hören Sie folgende Überlegungen:
2. Guideleine exercise: read and/or listen to the following considerations: |
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Wenn Sie den Text zusätzlich hören möchten (in German), klicken Sie hier:
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Der
Begriff "Kultur" hat im Laufe der Jahrhunderte und philosophischen
Positionswechsel einige Bedeutungswandlungen hinter sich gebracht.* Ohne
diese im einzelnen hier nachzeichnen zu wollen, sei für den Kontext
von Musikunterricht erwähnt, dass der allgemein verbindliche Bildungskonsens
lange Zeit, wie auch im Glossar (Begriff "Kultur") bestätigt, von einem
Elite-Kultur-Begriff ausging. D. h. im Falle der deutschen Gesellschaft,
dass die bildungsbürgerliche Elite für sich in Anspruch
nahm und immer noch nimmt, "Kultur" zu repräsentieren und
das als Gesamtvertretungsanspruch. Wie Jan
Assmann konstatiert, ist das kein einmaliges Ereignis: Eliten neigen
grundsätzlich dazu, hegemoniale Machtansprüche anzumelden. Im
Falle des Bildungsbürgertums ist es aber aktuell relevant, denn auch
der heutige Musikunterricht ist noch stark von dieser Hegemonie geprägt.
Das zeigt sich trotz Veränderungen im Detail doch immer noch am Grundbestand
des verbindlich gemachten Kanons (Lehrpläne/Schulbücher) und
innerhalb der Ausbildungsinstitute, hier besonders repräsentiert durch
Prüfungsordnungen und deren inhaltliche Anforderungen. Besonders schwierig
ist es, stereotyp gewordene gewohnheitsrechtliche Anspruchsgedanken
in den Köpfen von Menschen zu relativieren, da sich oft ein Schleier
der Selbstverständlichkeit darüber gelegt hat, der absolute
Wahrheiten vorgaukelt. Man kann sagen, dass man im Zuge der Erfolge der
Naturwissenschaften im 20. Jahrhundert, die mit Empirie eine vorgegebene
unveränderliche Realität zu beweisen schienen, auch in den Geisteswissenschaften
in einer Art Wettbewerb gleichziehen wollte und ebenfalls von unumstößlichen
Wahrheiten träumte. Die Entwicklung der Empirie in den Geisteswissenschaften,
wie Soziologie, Politikwissenschaften, Psychologie, Ethnologie usw., ließ
dementsprechend hoffen.
In den letzten 10-20 Jahren zeichnete sich jedoch sowohl in den Naturwissenschaften, angekündigt bereits durch Einsteins Relativitätstheorie, die Kybernetik und die Quantenphysik, als auch in den Geisteswissenschaften ein Paradigmenwechsel ab. Ganz wesentlich auch mitgetragen durch die Hirnforschung und die darauf bezogene Kognitionswissenschaft geht man von einer stark relativierten Denkweise im Hinblick auf absolute Realitäten aus. Man weiß inzwischen, dass das menschliche Gehirn im wesentlichen selbstbezogen arbeitet, man nennt das ein selbstreferenzielles, rekursives autopoietisches System. Im Grunde ist es unfähig mit anderen zu kommunizieren, nur auf Selbsterhaltung ausgelegt und grundsätzlich auf sich selbst konzentriert. Es wird niemals feststellen können, was ein anderes Gehirn wirklich denkt, meint, fühlt und wahrnimmt. Nichtsdestoweniger ist es in der Lage, zu beobachten - doch: eine absolute Wirklichkeit, d. h. für alle verbindliche Wahrnehmungen zu beschreiben - das ist ad absurdum geführt. Diese Position ist der Ausgangspunkt für die Perspektive des sogen. Radikalen Konstruktivismus (s. Begriff "Konstruktivismus"), verbunden mit den Namen Heinrich von Glasersfeld, Paul Watzlawick und Heinz von Förster und den Ausführungen der chilenischen Wissenschaftler Humberto Maturana und Francisco Varela. Im Begriff "Konstruktivismus" steckt das Wort "Konstrukt" und tatsächlich gehen die Konstruktivisten von einer konstruierten Wirklichkeit aus, d. h., die Welt, in der wir leben oder in der jeder einzelne lebt, ist unser bzw. sein Konstrukt, die Erfindung seines Gehirns, eine mentale Formation. Eine mentale Formation ist nichts und versinkt wieder im Dunkel der Vergessenheit, wenn ihr nicht Dauer und Struktur beschieden sind. Es bedarf also eines Gerüsts, Entwurfs, einer raum-zeitlichen Matrix, um der Formation eine sinnlich fassbare Gestalt zu verleihen, sie mit Augen, Ohren, Tast-, Geschmacks-, Geruchssinn greifbar zu machen und sie damit verkörpert in den Raum zu projizieren. Das hat zur Folge, dass andere sinnesbegabte Wesen sie auch wahrnehmen können. Um sie zeitlich zu manifestieren, bedarf es Strategien der Dauer, sogenannter Mnemotechniken (Erinnerungs-). Eine kulturelle Formation, die eine komplexe raum-zeitlich wahrnehmbare Matrix ausprägt, kann man System nennen. Die Komplexität kommt durch die Teilnahme vieler Individuen an der Ausgestaltung der Matrix zustande. Ohne diese Vielheit hätte eine kulturelle Matrix kaum eine Überlebenschance. Erst die Akzeptanz eines konsensuell kooperierenden Kollektivs garantiert die Voraussetzungen für eine stabile Projektion und dynamische Weiterentwicklung. Systemische Formationen und die dazu gehörenden Techniken sind beobacht- und beschreibbar. Beobachtung, Reflexion und Beschreibung von komplexen raum-zeitlich wahrnehmbaren kulturellen Systemformationen ist die Aufgabe von Kulturwissenschaftlern. Systemische Formationen sind niemals statisch, ständig im Fluss und zeigen eine dynamische Entwicklung, eine Anfangsphase, eine Stabilisierungsphase und eine Transformationsphase. Auch diese Dynamik ist beobacht- und beschreibbar. Deskriptiv erfassbar sind ebenso die Strategie der Generierung und Aufrechterhaltung kultureller Systeme. Bei diesen beschreibbaren Faktoren scheint es sich um anthropologische Grundkonstanten zu handeln, d. h., sie können als Denkmodell für jedes kulturelle System dienen, egal, in welchem geographischen Teil der Welt und egal, in welcher Machtposition sich das System befindet. Diese Kulturdynamik ist auf dem nächsten Bild animiert dargestellt: The
meaning of the term "culture" has changed in the course of the
centuries, following shifts of philosophical positions. Without elaborating
this in detail, it may be noted in the context of music teaching that
the generally accepted educational consent has for a long time assumed
- as confirmed in the glossary (term "culture") - a conception
of elite culture, which means in the case of the German society that the
educated middle-class elite has claimed and still claims to represent
"culture" as a whole. As Jan Assmann has stated, this has not
been a singular occurence: elites inherently declare hegemonial power
claims. It's currently relevant in the case of the educated middle-class
that today's music teaching is still deeply influenced by this hegemony.
Regardless of some changes in detail, it is still evident from a basic
stock of obliged canons (curriculums/school books) and within the educational
institutions, especially represented by exam regulations and their contentual
demands. It's especially difficult to relativize a stereotyped entitlement
mentality based on customary right in the head of people because it has
often been cloaked by a veil of obviousness that pretends absolute truth.
It can be said that following the successes of the natural sciences in
the 20th century, that seemed to prove a predefined unchanging reality
by empirical means, the humanities have entered a kind of competition
and also dream of irrefutable truths. The development of empirical methods
in the humanities - sociology, political sciences, psychology, ethnology
etc. - gave reason for such hopes. |
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* Literaturhinweis/Gute Zusammenfassung: Scheffold, Margot: Authentisch arabisch und dennoch modern? Zaki Nagib Mahmuds kulturtheoretische Essayistik als Beitrag zum euro-arabischen Dialog Klaus-Schwarz-Vlg Berlin 1996, S. 5-29; ISBN 3-87997-259-1 * Reference/recommendable summary: Scheffold, Margot: Authentisch arabisch und dennoch modern? Zaki Nagib Mahmuds kulturtheoretische Essayistik als Beitrag zum euro- arabischen Dialog, Klaus-Schwarz-Verlag, Berlin 1996, p. 5-29; ISBN 3-87997-259-1 |