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Acht Basic Exercises auf der Thammattama/Tamätamä

vorgestellt von Piyasara Shilpadhipathi und aufgenommen, beobachtet, beschrieben und transkribiert von

Martina Claus-Bachmann

sowie produziert als multimediale Webpage ergänzend zum MIP-Artikel:

(Optimized for Chrome and Edge, videos might not run in Firefox, translatable with Google translate)

Den Herzschlag einer Kultur erspüren - Trommelrhythmen aus Sri Lanka

Diesen Artikel widme ich meinem Informanten, dem Trommel-Künstler Piyasara Shilpadhipathi .

Notation

Diese erfolgt in einem "gehirnfreundlichen" halb graphischen, halb sequenziellen Tabellenschema. Es teilt die Schlagfläche beider Trommelkreise noch einmal in linke und rechte Hälfte ein, die jeweils von der linken bzw. rechten Hand bedient wird, wodurch sofort klar ist, wenn eine Über-Kreuz-Bewegung erfolgen muss. Die Rhythmussequenz ist mit Silben und Notenwerten stets von oben nach unten zu lesen, so dass ein tiefer notierter Schlag stets nach einem höher notierten erfolgt (es heißt aber nicht, dass der tiefer notierte an einer anderen Stelle des Fells erfolgen soll!). Eine Nummerierung wurde bei längeren Patterns mit unterscheidbaren Motiven zur besseren Orientierung ergänzt und um sehr lange Vertikaltabellen zu vermeiden. Die Kreisandeutungen dienen der leichteren Übertragungsvorstellung auf die beiden Trommelfelle. Zu jeder Übung wurden zwei Video-Aufnahmen angefertigt, eine in langsamem Tempo als Body-Percussion auf den Knien, dann mit den Händen auf einer marokkanischen Doppeltrommel und eine vom Meister persönlich gespielte mit Kaduppu.

Im europäischen Klassenzimmer benötigt man zunächst zwei Spielflächen, am besten Doppeltrommeln und/oder eventuell sogar Tischoberflächen (eventuell mit Kreide eine liegende Acht aufmalen) bzw. wären auch die eigenen Knie denkbar, z. B. im Schneidersitz auf dem Boden. Spielhaltung ist eine gerade, aber lockere Sitzhaltung hinter dem Instrument, welches standsicher aufgestellt sein sollte (eventuell auch auf dem Boden). Die Arme sind locker abgewinkelt und halten je einen Schlegel oder man spielt mit der flachen Hand und den Fingern bis zum Handansatz. Grundsätzlich gilt es, am Anfang sehr langsam zu beginnen und das Tempo schrittweise zu steigern.

Eine Übungssequenz beginnt immer mit einer meditativen, konzentrationsfördernden, aber auch Respekt vor dem Lehrer, den Eltern und den Göttern betonenden

"Namaskara"

 

 

Notation
Mit Body-Percussion und Händen gespielte Variante
Originalbeispiel von Piyasara Shilpadhipathi

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<= Hier gibt es ein Angebot an multimedialer Edutainment-Aufbereitung, welches ebenfalls musikdidaktisch genutzt werden kann, z. B. beim UNterrichtsarrangement Lernen an Stationen.

Der Artikel setzt Grundüberlegungen der Kinesiologie in Beziehung zu Armkoordinationsübungen, wie sie von einem sri lankischen Meister-Trommler, Piyasara Shilpadhipathi für eine der drei sri lankischen Kulttrommeln, die Tamätamä/ Thammattama, gelehrt werden.

Die Makro-Analyse des kulturellen Kontextes bietet gleichzeitig Material für grundsätzliche Überlegungen zum Thema Kulturelle Kompetenz, während die Mikro-Analyse des sonischen Grenzmarkenvorrats Material für Rhythmus- und Koordinationsübungen bereit hält.

Didaktische Variationen der "Basic Exercises" und Rückführung in den Kontext von Kulturerfahrung

Hier sind einige didaktische Anregungen, um mit den erlernten und geübten Patterns umzugehen - dem erfahrenen Musikpädagogen werden weitere Möglichkeiten einfallen:

1. Imitationsübungen im Sitzkreis:

- Ein Schüler spielt ein Pattern der Basic Exercises, die anderen greifen dieses auf.

- Ein Vorspieler variiert leicht eines der Pattern, die anderen ahmen ihn nach.

- Ein Vorspieler erfindet einen neuen Rhythmus, die anderen ahmen ihn nach.

2. Kettenübungen/Aleatorik:

- Ein Vorspieler fängt mit dem ersten Pattern an, der nächste ergänzt das zweite usw.

- Jeder Schüler erhält ein Kärtchen mit einer Rhythmusnotation und eine Nummer - jeder Spieler muss nun in der Reihenfolge der Nummern sein Pattern spielen, möglichst ohne Unterbrechung.

3. Rhythmusschichtung:

Immer zwei Rhythmen müssen gleichzeitig von zwei Spielern vorgetragen werden ohne aus der Balance zu geraten; eventuell mit mehr als zwei Patterns probieren!

4. Binnendifferenzierung:

Die Schüler teilen sich in Partner-Teams auf und wählen jeweils eine re- oder eine konstruktive Aufgabe.

- Die rekonstruktive besteht z.B. darin, die als Websites vorhandenen Rätsel zum kulturellen Kontext zu lösen:

a) Kreuzworträtsel

b) Multiple-Choice-Quiz

c) Hör-Zuordnungsübung

- Die konstruktive Aufgabe besteht z.B. darin, aus den gelernten und/oder selbst erfundenen Patterns in Partnerarbeit eine Namaskara zu entwerfen, d.h. eine wiederholbare Sequenz von Rhythmen (ein Beispiel s. Silben-Partitur weiter unten), die einem kontemplativen Zweck zugeordnet werden kann (europäische Notation: als pdf-file herunter zu laden!) , z.B.

- dem Dank an die Eltern und Lehrer, die für eine gute Ausbildung sorgen,

- der Konzentration vor einer Leistungsanforderung,

- der Sammlung der inneren Kräfte zur Bewältigung von Schule und Alltag usw.

Diese Sequenz kann mit Worten und/oder Bildern, z. B. Mandalas kombiniert werden. Wer möchte, kann hier durchaus kulturadäquat einen kleinen Wettbewerb organisieren, in dem die jeweiligen Teams ihre Pattern-Kombinationen vortragen und mit einem Punktesystem vom Plenum bewertet werden (z.B. Punkte für Nachvollziehbarkeit der Gliederung, Klarheit der Spieltechnik, Ausgewogenheit in Zeit und Wirkung, Text-Rhythmus-Kombination usw.). Das Siegerteam erhält einen kleinen Preis.

Rückführung in den Zusammenhang der Ursprungskultur

Als Musikstück könnte man die Komposition Diliup Gabadamudaliges, eines jüngeren sri lankischen Komponisten, zugrunde legen, der ebenfalls mit Preisen ausgezeichnet wurde und der sein kompositorisches Material aus dem traditionellen Repertoire der Musikkultur Sri Lankas bezieht. In diesem Falle wählt er den sogenannten "Lee Keli", einen Stocktanz junger Männer, bei dem Rhythmuspattern durch das Aufeinanderschlagen von Stöcken erzeugt werden, während die Gruppe kinetisch verschiedene Tanzfiguren ausführt. Diliup Gabadamudalige hält sich in Rhythmus und Melodie an die Überlieferung, verwendet jedoch auf transkulturelle Art und Weise indische und westliche Instrumente und Instrumentalklänge eines Synthesizers .

Dieses Musikstück bietet einen möglichen im sri lankischen Kontext modernen Playback-Rahmen, der ein ideales Tempo vorgibt, um die vorher geübten Rhythmen dazu auszuprobieren. Die Musik schleicht sich sukzessive ein, ein Instrumentalklang kommt zum anderen hinzu und das Rhythmusgefüge stabilisiert sich unmerklich. Der Anfang verbreitet etwas schwebend Gleichförmiges und es kristallisiert sich über einem minimalistischen Ostinato ein Grundgefüge aus vier Schlägen heraus.

Das Stück hat zwei wesentliche Teile, die durch einen Schlagzeug-Break abgeteilt sind. Im ersten Teil können alle Basic Rhythms untergebracht werden, im zweiten Teil werden die vier Zählzeiten sehr dominant - hier kann man besonders gut Exercise 8 dazu spielen.

Eine denkbare Möglichkeit zum Abschluss einer Übungssequenz wäre ein freies Ausprobieren der Exercises auf dem tragenden Playback-Untergrund des Lee-Keli von Diliup Gabadamudalige.

Daneben ist es vorstellbar, gemeinsam mit den SchülerInnen unter Verwendung der geübten Patterns eine Trommelbegleitung zu entwickeln, die sich im Laufe der Zeit verfestigt und wiederholbar ist - eventuell sogar als kleiner Wettbewerb von Schülergruppen.

 

Beispiel-Sequenz:

Literatur und Medien:


Becker, Boris: Wirkung und Wahrnehmung von Trommeln. Musikpädagogische Beiträge; 7. LIT Münster 2002

Gabadamudalige, Diliup: Newfrontier, Sound Lanka International 1998 CD

Claus-Bachmann, Martina:

2002: “Jataka Narrations as Multimedial Reconstructive Embodiments of the Psychic System Buddha Shakyamuni”. In: The World of Music, issue 44(2): Body and Ritual in Buddhist Musical Culture. Paul Greene, Guest Editor, S. 115-134 (Hörbeispiele und Abstract hier!)

2001: „Gamini, ein jugendlicher Held für Sri Lanka oder: Die Wiedergeburt eines Heroen-Mythos in einem Pop-Song“. In: Musik&Unterricht 63, Themenheft Hymnen&Helden, Lugert, Oldershausen 1. Quartal; S. 34-43

Hinweis: Dieser Aufsatz ist mit interaktiven Links abrufbar auf meiner Homepage: https://www.ulme-mini-verlag.de/onlinepu.htm

2001: „Die Funktionalität traditioneller Musik innerhalb der plural-kulturellen Gefüge-Struktur heutiger Gesellschaften - ein konstruktivistisch-systemisches Modell, erläutert am Beispiel Sri Lankas“. In: Bröcker, Marianne(Hg.): Berichte aus dem ICTM Nationalkomitee Deutschland IX/X, Bericht über zwei Tagungen:

a)“Musik und ihre Funktionen“ und b)“Traditionelle Musik in sich wandelnden Gesellschaften“, Münster September 1999 und Halle Februar 2000. Bamberg 2001: S. 157-168

1998 Musik transkulturell erfahren - Anregungen für den schulischen Umgang mit Fremdkulturen. Hrsg. (mit eigenem Beitrag: Erfahrungssegmente aus buddhistischen Musikkulturen), ULME (Eigenverlag) Bamberg einschließlich CD mit 22 Hörbeispielen, 55 Seiten, ISBN 3-9809038-1-8

Hinweis: Dieser Aufsatz ist mit interaktiven Links abrufbar auf meiner Homepage: https://www.ulme-mini-verlag.de/onlinepu.htm

Nürnberger, Marianne:

1989 "Ritueller Geschlechterwandel der Tänzer Sri Lankas" in: Verkehren der Geschlechter, Reflexionen und Analysen von Ethnologinnen, Wien: Reihe Frauenforschung Band 10: 271-280.

1994 Tanz ist die Sprache der Götter. Eine Kulturwandelstudie der Tänzer Sri Lankas. Frankfurt am Main, Berlin, Bern, New York, Paris, Wien: Peter Lang, Europäischer Verlag der Wissenschaften.

1999 "Trance, Besessenheit und Hypnose in den Tanzriten Sri Lankas", in: Ethnopsychologische Mitteilungen, Band 8, Heft 1, Jg. 1999, R. van Quekelberghe (Hrsg.), Forschungsstelle für Ethnopsychologie der Universität Koblenz-Landau: 14-31.